Madeleine
sieht die Welt noch mit den Augen eines aufgeschlossenen Kindes,
sie hat noch Vertrauen in die Welt. Dieses Vertrauen wird auf
das Bitterste enttäuscht. Sie begegnet beim spielen im Wald
einem "netten älteren Herren" und wird von ihm
mißhandelt, der Mann wird zwar schnell gefaßt, aber
nicht in der Lage das Unfaßbare in Worte zu fassen, verliert
Madeleine ihre Stimme. Sie lebt zwar weiter auf der Farm ihrer
Eltern, ist aber trotz ihrer Jugend bereits innerlich zerstört.
15 Jahre später - Ihr Peiniger ist längst aus dem Gefängnis
entlassen - für Madeleine hat sich nichts geändert und ihre Leiden
sollen erst beginnen.
Als Madeleine eines Tages ihren Bus verpaßt, ist Tony zur Stelle
- ein schnelles Auto, weltmännisches Auftreten und sie verliert ihre
Angst und steigt in seinen Wagen ein. Tony verhält sich wie erwartet,
er lädt sie zum Essen ein und auch sonst läßt sein Verhalten
keinen Wunsch unerfüllt.
Doch Tony hat ganz andere Pläne - er betäubt Madeleine und setzt
sie systematisch unter Drogen. Sie versucht zwar aus dieser Hölle
zu entkommen, wird aber wieder eingefangen. Tony eröffnet ihr seine
Pläne - für ihre zweimal täglich benötigte Drogenration
soll sie für ihn als Hure anschaffen gehen.
Ihrem ersten Kunden zerkratzt Madeleine das Gesicht und Tony greift zu
noch härteren Mitteln - mit einem Skalpell schneidet er ihr ins Auge
und aus Madeleine wird "One-Eye", sie bedeckt ihr zerstörtes
Auge mit einer Augenklappe - sie hat nun keine Möglichkeit mehr sich
zu wehren.
Ihre Leidensgenossinnen können ihr nicht weiterhelfen, sie teilen
ihr Schicksal, genauso ohne die Möglichkeit zu entkommen. Immer wieder
muß Madeleine sich gegen ihren Willen mit dem widerlichsten Abschaum
abgeben, um an ihre Drogen zu kommen.
Bei einem Besuch zu Hause, muß sie feststellen das ihre Eltern Selbstmord
begangen haben - Briefe die angeblich von ihrer Tochter an sie geschickt
wurden, haben ihnen den letzten Grund zum Weiterleben genommen - Tonys
Plan geht in jedem Punkt auf ... so scheint es zumindest, denn Madeleine
will sich wehren. Das kann sie natürlich nicht alleine schaffen, also
sucht sie sich Hilfe bei ihrer Rache, verschiedene Männer schulen
sie im Kampfsport, im Schießen und Auto fahren. Madeleine erweist
sich als gelehrige Schülerin und kommt der Ausführung ihrer Pläne
immer näher. Da sie aber auch ihre Drogensucht weiter befriedigen
muß, geht sie auch ins Bordell zurück. Madeleine wird dabei
von immer neuen Widerlingen - ob nun Mann oder Frau - mißhandelt,
was ihre Anstrengungen sich zu rächen und dieser Hölle zu entkommen,
nur noch verstärkt.
Nachdem Madeleines Ausbildung abgeschlossen ist und sie sich mit Waffen
eingedeckt hat, sucht sie ihre Peiniger auf - nachdem der Erste von ihr
getötet worden ist (ein ehemaliger Kunde), wird Tony unruhig. Er will
mit seinen Kumpanen fliehen, wird dabei aber von Madeleine erwischt - Tony
entkommt zwar, den anderen ergeht es schlechter. Sie sterben im Kugelhagel
von Madeleines Schrotflinte. Für Tony hat sich die Situation entscheidend
geändert (vor allem nachdem er erfährt das Madeleine weiter auf
der Jagd ist), bei ihm herrscht jetzt nackte Panik und er schickt seine
Killer los. Die stellen Madeleine, sind hier aber nicht gewachsen und finden
den Tod. Das gilt auch für die eintreffende Polizei, die ebenfalls
nicht verschont wird.
Tony ist nun klar das er nicht entkommen kann und sich Madeleine stellen
muß, allerdings unterschätzt er sie immer noch, nur von den
Gedanken an Rache und dem Entkommen aus ihrer aussichtslosen Situation
angetrieben, trifft sie auf Tony und ihre Rache ist furchtbar.
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Rape & Revenge:
Es gibt wohl kaum ein Genre das so geächtet wurde und immer noch
wird, wie der Bereich Rape & Revenge (das gilt nicht nur für
Deutschland) - man muß leider sagen, oft kann man das zumindest
verstehen, wenn auch die Be-/Einschränkung fiktiver Filme nicht
zu tolerieren ist. Was bei vermeintlichen "Klassikern" wie
I Spit On Your Grave, Mothers Day oder Last House On The Left an Terror
rüberkommt, wird leider nur zu oft mit sensationslüsternen
Revenge und vor allem Rape Bildern verbunden. Diese können leider
den Charakter der Filme nicht so rüberbringen wie es eher sein sollte
- als Darstellung der menschlichen Abgründe von beiden Seiten aus,
also von Täter und Opfer zugleich. Den meisten dieser Filme kann
man da höchstens einzelne Teile abgewinnen, so z.B. bei Last House
On The Left, der diabolische Hauptdarsteller David Hess, der in seinen
Rollen all das personifiziert was "Böse" und "Gemein" ist,
die Darstellung der Taten ist aber meist so drastisch, das viele Filmfans
- auch die grober Kost - mit diesem Umgang nicht klarkommen, hauptsächlich
dem mißhandeln von Frauen. Dieses Genre ist eben mit keinem anderen
vergleichbar und auch wenn z.B. in "Roughies", "Nunploitation" und
anderen "Terrormovies" gerade mit Frauen nicht sehr zaghaft
umgegangen wird, sind viele Rape & Revenge Streifen zu einem Zelebrieren
von Vergewaltigungen geworden und das ist für mich als "Unterhaltung" sehr
zweifelhaft - jüngstes Beispiel ist da Eric Stanzes Scrapbook, der
für mich trotz der Intention, das er einen Serienkiller, ohne Beschönigung,
so zeigen will wie er eben ist, der Film eines Regisseurs ist, der dringend ärztliche
Hilfe benötigt - man kann es sehen wie man will, in Deutschland
sind die bekanntesten Filme dieser Art schnell auf der Beschlagnahmeliste
gelandet. Ich halte das für Zensur, auch wenn ich diese Filme nicht
mag, man sollte schon die Wahl haben.
zum Film:
Thriller: A Cruel Picture bildet unter den Rape & Revenge Filmen
sicher eine Ausnahme, als Urvater aller Filme dieses Genres gefeiert,
sollte das aber auch ein Minimum sein. Die Rache Geschichte von Madeleine
ist darum auch mehr als nur die Geschichte eines Massakers nach einem
lang andauernden Verbrechen - eigentlich ist es ein Flucht vor ihren
Peinigern, denen sie nicht anderes entkommen kann.
Das was ihr angetan wurde ist von der ersten bis zur letzten Minute so
furchtbar, das man am liebsten wegschauen möchte - die schrecklichen
Erlebnisse als Kind (die hier natürlich nur im "Off",
also überhaupt nicht zu sehen sind - das sollte aber auch logisch
und selbstverständlich sein), später zur Prostitution gezwungen,
ein Auge wurde ihr herausgeschnitten (eine furchtbare Szene) und die
pausenlosen Mißhandlungen - die durch die in den Film reingeschnittenen
Hardcore Szenen noch verstärkt wurden, diese Passagen (mit Körperdouble
gedreht) sind durch die Kameraeinstellung und die Machart extremst endwürdigend
und auch etwas fragwürdig, der Film hätte auch ohne diese funktioniert.
Erwähnenswert sind hier auch noch die grundsätzlich in Zeitlupe
gedrehten "Aktionszenen", die schon etwas zelebriert wirken
(die Einschüsse vor allem) - das kann natürlich auch andere
Gründe haben, so einfach sind "gute" Aktionsequenzen ja
auch nicht zu koordinieren.
Hauptdarstellerin Christina Lindberg ist einfach hervorragend, sie spielt
hier wirklich die Rolle ihres Lebens und der Film steht und fällt
mit ihrem auftreten. In ihrem langen schwarzen Mantel, bewaffnet und
wie ein einsamer Rächer ausschauend, erinnert sie einen an den Tod
in Person - alle anderen sind nur Staffage, wenn auch zweckdienlich -
gerade Heinz Hopf als Tony, der an Sadismus kaum zu überbieten ist
(nach dem er Madeleine verstümmelt hat, nennt er sie unter anderem "The
Pirate", in Anspielung auf ihre Augenklappe - wem es da noch nicht "hochkommt",
der hat bessere Nerven als ich). Natürlich kommt hier der Gedanke
auf, das diese Frau ihre Rache verdient hat, aber jeder halbwegs normale
Filmfan sollte wissen wo der Film aufhört und die Realität
anfängt - aber das wird "uns" ja des öfteren abgesprochen.
Empfehlung:
Ja und Nein - der Film ist sehenswert und eigentlich möchte ich
ihn ohne Einschränkung empfehlen, aus Gründen auf die ich gleich
noch komme, kann es aber passieren das man mit einer falschen Erwartungshaltung
an Thriller herangeht - der Film ist weder Aktion, noch Unterhaltung
im üblichen Sinne und schon gar nicht mit Kill Bill vergleichbar
(dazu später mehr) - für aufgeschlossene Filmfans wird sich
aber doch etwas zeigen, was andere Filme nicht zu bieten haben und das
macht ihn so interessant und hebt ihn auch von den meisten Rape & Revenge
Schocker ab (die ich meistens nicht mag).
Hintergrund:
Regisseur Bo Arne Vibenius hat mit Thriller ein Film geschaffen, der
eigentlich immer ein Geheimtip war. Es gab aber auch reichlich Probleme
- das Alter seiner Hauptdarstellerin - es wurde zeitweise an ihrer Volljährigkeit
zu den Drehzeiten gezweifelt, was sich aber als Blödsinn herausgestellt
hat - Christina Lindberg, geboren 1950 - Thriller 1974, den Rest kann
man sich selbst ausrechnen und ich denke man sieht ihr das auch an. An
eine weltweite Veröffentlichung war trotzdem nicht zu denken, ein
ausreichend großes Publikum war nicht vorhanden. Eine Veröffentlichung "nur" in
Schweden war eher unwahrscheinlich, also entschied sich Herr Vibenius
dazu, Thriller an das USAmerikanische Underground Label Synapse Films
zu verkaufen und zwar für ganze 10.000 US Dollar. Da passierte etwas
merkwürdiges, Kill Bill Regisseur Quentin Tarrantino nannte Thriller
in der Liste der Filme, die ihn bei der Realisierung von Kill Bill inspiriert
hatten und schon war der Run auf die 2004 veröffentlichte Synapse
DVD da und Vibenius war stocksauer. Es folgten einige schlimme Aktionen
von Vibenius - seine E-Mail Aktion, unter falschem Namen, an diverse
Händler, das man ihm seinen Film gestohlen hat ist ja schon fast
legendär (legendär mies), es folgten weitere Kampagnen und
Synapse versprach ihm eine Umsatzbeteiligung - insgesamt mehr als peinlich.
Es ist aber auch komisch das Tarantino Thriller in seiner unendlich langen
Liste von Filmen aus denen er gekla... Sorry, ist ja eine Hommage - also
die ihn inspiriert haben, ausgerechnet Thriller gewählt hat. In
Kill Bill geht die Rache ja von der Braut aus und seiner Aussage nach
hat er ja Madeleine auf Elle Driver übertragen - paßt irgendwie
nicht so richtig - außer der Augenklappe, aber das hat wohl gereicht.
Alles in
allem eine Empfehlung: Holt Euch die DVD bevor sie ausverkauft
ist (limitiert auf 25.000 Stück) - sollte aber eine
Zeit lang reichen. Ich befürchte das so einige den Film
auch wieder verkaufen werden, falsche Erwartungen halt.
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